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Harnsteine bei Katzen: Struvit, Oxalat und Co
Immer mehr Katzen leiden heute unter Harnsteinen. Sie zählen zu den häufigsten „Feline Lower Urinary Tract Diseases (FLUTD)“, also zu den Erkrankungen der unteren Harnwege der Katze. Untersuchungen zufolge sind etwa 10-20% aller Katzen betroffen. Besonders häufig werden Struvit- und Oxalatsteine gefunden. Die auslösenden Faktoren sind vielfältig. Eine Behandlung dieser schmerzhaften Erkrankung ist wichtig, aber leider oft nicht ganz so einfach.
Unterschied zwischen Kristallen, Harngrieß und Harnsteinen
Wenn es um den Dialog oder die Diagnose von Harnabsatzproblemen geht, herrscht oft schon bei den grundlegenden Begriffen Unsicherheit: der Tierarzt stellt etwas fest, benennt es, aber der Katzenhalter kann es nicht so recht einordnen. Dabei ist eine der ersten Fragen häufig „Kristalle, Harngrieß oder Harnsteine – was ist denn nun der Unterschied?“. Vereinfacht erklärt liegt allen drei Problemen eine Ursachen zugrunde: Abbauprodukte der Niere können im Harn (je nach PH-Wert) kleine Kristalle bilden. Diese können noch mit dem Urin ausgeschieden werden. Werden sie größer und „ballen“ sich zusammen, spricht man von Harngrieß oder kleinen Harnsteinen. Sie sind mit bloßem Auge zu sehen und können bereits den Harnleiter verstopfen. Größerer Harngrieß wird als Harnstein bezeichnet.
Symptome einer Harnstein-Erkrankung
Oft geht das Auftreten von Harnsteinen mit einer Blasenentzündung einher[1]. Die mikroskopisch kleinen Steine reizen und verletzen die Blasenwände. Ist eine Katze betroffen, so wird sie nicht selten unsauber, setzt oft kleine Mengen an Urin ab und hat Schmerzen beim Wasserlassen. Schmerzlaute und Blut im Urin sind ebenfalls Anzeichen einer möglichen Harnstein-Erkrankung. Im schlimmsten Fall ist die Harnröhre durch die Harnsteine derart verstopft, dass die Katze keinen Urin mehr absetzen kann. In solchen Fällen ist eine sofortige Behandlung durch den Tierarzt nötig (siehe auch „Behandlung im Akutfall“).
Aber auch in weniger schlimmen Fällen muss und sollte eine zeitnahe Behandlung erfolgen. Andernfalls ist ein Rückstau des Urins bis in die Nieren möglich. Der Abtransport von Giftstoffen aus dem Katzenkörper kann so nicht mehr gewährleistet werden und ihr ganzer Organismus nimmt Schaden.
Ursachen einer Harnstein-erkrankung
Die Entstehung von Harnsteinen geht auf mehrere Ursachen zurück, die sich gegenseitig beeinflussen. So können vor allem geringe Flüssigkeitsaufnahme, ein verschobender Urin-PH-Wert, Bakterienbildung in der Blase und Nährstoffübersättigung des Futters Gründe für die Bildung für Struvit und Oxalat sein.
Rassezugehörigkeit, Geschlecht, Kastration und Alter
Verschiedene Studien haben unterschiedliche Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Rassenzugehörigkeit einer Katze und ihrer Neigung zur Harnsteinbildung ergeben. Häufig sollen etwa die Rasse Perser, Siam, Somali, Birma, Kartäuser, Ragdoll, Britisch Kurzhaar und Scottish Fold betroffen sein [1]. Andere Studien konnten keinen spezifischen Zusammenhang feststellen. Bezüglich der Geschlechtsverteilung von felinen Harnstein-Patienten gibt es unterschiedliche Ergebnisse: in einigen Untersuchungen waren Kater und Katzen etwa gleich oft betroffen[1][8], in anderen war der Anteil an Katern deutlich höher[5]. Bei Katern ist aufgrund der engen Anatomie der Harnröhre die Erkrankung meist ausgeprägter. Ebenfalls wurde herausgefunden, dass in einem Alter ab etwa 4 bzw. 2-7 Jahren das Risiko an Harnsteinen zu erkranken für die Katze besonders hoch ist[1][8]. Ein weiterer möglicher Risikofaktor für die Entstehung von Harnsteinen soll die Kastration sein[1][5], andererseits kann die vermehrte Diagnose von Harnsteinen bei kastrierten Katzen schlicht an der Tatsache liegen, dass der Großteil der Katzen mit Halter kastriert ist.
Ernährung, Flüssigkeitsaufnahme, Übergewicht und fehlende Bewegung
Eine Ernährung mit Trockenfutter und eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme scheinen einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von Harnsteinen zu haben[1][2][3][4][21]. Auch bei einer gemischten Fütterung von Nass- und Trockenfutter kann das Risiko erhöht sein. Aufgrund der mangelnden Flüssigkeitszufuhr wird der Urin in der Katzenblase stark konzentriert[2]. Ebenso beeinflusst die große Menge an pflanzlichen Zutaten im Trockenfutter den PH-Wert des Urins[2] und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Katze an Harnsteinen erkrankt. Zu Studienzwecken untersuchte betroffene Katzen wurden etwa 59% mit Trockenfutter ernährt[1].
Das Risiko einer „Trockenfutter-Katze“ an Harnsteinen zu erkranken soll Untersuchungen zufolge 4-5 Mal höher liegen als bei Katzen, welche Nassfutter erhalten[1]. Ein Überschuss an den Vitaminen C und D, der Mineralstoffe Natrium und Kalzium im Futter soll zudem förderlich für die Bildung von Oxalat-Steinen sein[1][2][6]. Ebenso soll ein geringer Proteingehalt in der Nahrung Einfluss auf das Harnvolumen der Katze haben[2][3]. Ein zu hoher Magnesiumgehalt wird ebenfalls als – wenn auch weniger ausschlaggebender – Risikofaktor für die Bildung von Struvit-Steinen angesehen[7], ein zu niedriger Magnesiumgehalt wiederrum soll für die Bildung von Oxalatsteinen (mit)verantwortlich sein[1][2]. Katzen trinken von Natur aus sehr wenig.
Selbst wenn frisches Trinkwasser stets bereit steht, ist besonders bei der Fütterung von Trockenfutter die Flüssigkeitsaufnahme gestört[1][2][21].
Das Gewicht der Katze soll Studien zufolge ebenso Auswirkungen auf die Häufigkeit von Harnstein-Erkrankungen haben[5]. Übergewichtige Katzen sind nach einigen Untersuchungen weitaus häufiger betroffen als ihre normalgewichtigen Artgenossen[1][5]. Auch mangelnde Körperbewegung und Stress sollen bei Katzen das Risiko einer Harnstein-erkrankung erhöhen[1][5].
Diagnose einer Harnstein-Erkrankung
Besteht der Verdacht auf eine Blasenentzündung oder eine Harnstein-Erkrankung können verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden. Allen voran sollte eine Urin-Untersuchung und ein Blasen-Ultraschall durchgeführt werden. Das einfache Abtasten der Blase reicht nicht, um Harnsteine auszuschließen oder zu diagnostizieren! Bei der Urin-Untersuchung kann bei Vorliegen einer Harnstein-Erkrankung gleichzeitig eine Bestimmung der Stein-Art (unter dem Mikroskop) vorgenommen werden. Diese ist besonders wichtig zur Durchführung einer effizienten Behandlung. Auch die Anfertigung einer Röntgenaufnahme kann angezeigt sein.
Formen der Harnstein-Erkrankung
Es gibt viele verschiedene Arten von Harnsteinerkrankungen. So werden beispielsweise besonders häufig Struvit- (58-64%) und Oxalatkristalle (26-33%) gefunden. Andere Arten von Harnsteinen bei Katzen sind Calciumphosphat-Steine (Häufigkeit etwa 3,5%), Urate (3,2%) und Cystin (1,5%)[1]. Auch Mischformen der Zusammensetzungen werden gefunden. Da Struvit und Oxalat besonders häufig auftreten[1], soll hier nur auf diese beiden Arten eingegangen werden.
Struvit
Struvit-steine bestehen aus Magnesium-Ammoniumphosphat. Sie entstehen bei einem PH-Wert des Urins von über 7,0[1] (Normalwert etwa 6,5-7,2), bei einem Wert von unter 6,5 lösen sie sich auf[1][21]. Durch das Ansäuern des Urins – durch Medikamente oder spezielle Ernährung – kann diese Art von Steinen in fast allen Fällen zuverlässig aufgelöst werden (siehe „Behandlung einer Harnstein-erkrankung“). Das Risiko, dass eine Katze nach einer Erst-Erkrankung wieder an Struvit-Steinen leiden wird, soll etwa 27% betragen[1]. Betrachtet man die Steine unter dem Mikroskop zeigt sich eine längliche, rechteckige Form („Sargdeckel-Form“).
Oxalat
Oxalat-Steine bestehen aus Kalzium-Oxalat und entstehen in zu saurem Harn. Bei einem PH-Wert von unter 6,29 [1] werden sie gebildet. Diese Art von Steinen ist im Großteil der Fälle nur durch eine Operation oder Blasenspülung zu behandeln. Die Rückfallquote einmal betroffener Katzen soll Untersuchungen zufolge bei etwa 27% liegen [1].
Oxalatsteine können in zwei verschiedenen Arten auftreten: als sogenannte „Whewellit-Steine“ oder als sogenannte „Weddellit-Steine“. Diese beiden Arten unterscheiden sich in Wassergehalt, Struktur und Farbe. So sind Whewellit-Steine braun bis schwarz, hart, glatt und mit scharfen Kanten. Weddellit-Steine sind farblos bis gelblich und haben eine lockere, feste Struktur. Unter dem Mikroskop betrachtet haben Oxalat-Steine meist ein eliptisches, pyramiden- oder hantelförmiges Aussehen.
Das Auftreten von Oxalatsteinen ist in den letzten Jahrzehnten sprunghaft angestiegen – von etwa 5% im Jahr 1984 bis zu 31% im Jahr 1999 [1]. Dahinter wird unter Anderem das häufigere Verfüttern von speziellen Diäten gegen Struvit und der prophylaktisch verminderte Magnesiumgehalt im Fertigfutter vermutet [23].
Behandlung von Harnsteinen bei Katzen
Die Behandlung von Harnsteinen bei Katzen besteht aus vielen möglichen Facetten: von der Medikamentengabe, über die Fütterung von Spezialfutter, Gewichtsabnahme bis hin zur Penisamputation. Je nach Steinart und Stadium der Erkrankung sind andere Maßnahmen nötig.
Wenn Harnsteine lebensbedrohlich werden: Behandlung im Akutfall
Kann die Katze keinen Urin mehr absetzen und die Harnröhre ist verstopft, so sollte eine Blasenspülung durchgeführt und ein Katheter gelegt werden. Eine Verstopfung der Harnröhre ist nicht nur äußerst schmerzhaft und unangenehm, sondern kann schnell lebensbedrohlich werden!
Ernährungsumstellung bei Harnstein-Katzen
Eine Umstellung der Ernährung kann – je nach Steinart – zur Behandlung oder zur Vorsorge dienen. Es sollte auf jegliches Trockenfutter verzichtet werden – auch Diät-Futter sollte nur als Nassfutter-Variante verfüttert werden. Ebenfalls kann den Nassfutter-Mahlzeiten weitere Flüssigkeit untergemischt werden. Dies ist besonders wichtig, um Blase und Nieren gründlich zu spülen und einem Festsetzen und Wachsen von Harnsteinen entgegen zu wirken[1][2][16].
Im Falle einer Struvit-Erkrankung sollte ein Nassfutter gewählt werden, welches einen niedrigen Magnesiumgehalt aufweist[2] (unter 0,1% in der Trockenmasse, entspricht etwa 0,02% bei Nassfutter)[7]. Ein Kalzium-Phosphor-Verhältnis von 1,1 – 1,2:1 sollte angestrebt werden[21]. Ebenso ist es wichtig, auf Futter mit Getreide und Kartoffeln zu verzichten. Eine solche Ernährung führt oft binnen 4 – 6 Wochen zum Auflösen der Steine.
Das Füttern von speziellen Diätfuttermitteln ist dabei nicht zwingend nötig, hochwertige Nassfutter mit einem niedrigen Magnesium- und Phosphorgehalt sind ausreichend. Auch das Verfüttern speziell zusammengestellter Rohfleisch-Mahlzeiten kann einen positiven Effekt in der Behandlung haben (angepasstes Kalzium-Phosphor-Verhältnis und Verzicht auf Magnesium-Supplemente). Zwar sind Diätfuttermittel in ihrer Nährstoffzusammensetzung auf das Auflösen von Struvit-Steinen ausgelegt, jedoch wird hier aufgrund ihrer sonstigen Zusammensetzung von ihrem Einsatz abgeraten.
Auch, wenn Oxalat-Steine nicht durch eine spezielle Ernährung aufgelöst werden können[23], empfiehlt es sich auch hier, betroffenen Katzen eine Ernährungsumstellung angedeihen zu lassen. Es sollte kein Trockenfutter gefüttert und auf einen niedrigen Kohlehydratgehalt des Futters geachtet werden. Ebenso sollte auf übermäßige Zugabe von Vitamin C und D verzichtet werden, stattdessen kann Vitamin B6 (zum Beispiel durch Bierhefe) zusätzlich verabreicht werden[1]. Ebenso sollte ein Futter verfüttert werden, das moderate Mengen an Natrium, Kalium, Kalzium, Phosphor und Magnesium enthält[3].
Allgemein wird empfohlen, mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt anzubieten, statt eine einmalige große Futtermenge[21]. Mit dieser sogenannten „ad libitum“-Fütterung (viele kleine Mahlzeiten zur freien Verfügung) ist der PH-Wert im Vergleich zu wenigen, großen Mahlzeiten zwar längerfristiger, aber in nicht so extremen Maße erhöht[21].
Über Diätfuttermittel gegen Harnsteine
Bei Harnstein-Problematiken werden durch viele Tierärzte spezielle Diäten verschrieben. Diese sind teilweisedurch angepasste Nährstoffzusammensetzungen und teilweise durch die Zugabe von PH-Wert-ansäuernden Zusätzen auf die zielgerichtete Behandlung von Struvit ausgerichtet. Eine Diätnahrung zur Behandlung von Oxalat-Steinen gibt es bisher nicht[1][2][9][23]. Diätfuttermittel, die eine Auflösung beider Steinarten versprechen sind wenig empfehlenswert – ein Nahrungsmittel kann schon rein logisch gesehen nicht gleichzeitig gegen zwei grundverschiedene (gegensätzliche) Erkrankungen helfen!
Es sollte aufgrund der hohen Mengen an pflanzlichen Inhaltsstoffen und des geringen Feuchtigkeitsgehalt kein Trockenfutter verfüttert werden – egal, von welcher Marke! Ist die Verfütterung von Trockenfutter unvermeidbar (z.B. durch Gewohnheit der Katze), sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass dem Trockenfutter Flüssigkeit zugesetzt wird – idealerweise sollte der Feuchtigkeitsgehalt auf etwa 80% gebracht werden[1] Besser ist es also diese Diäten gleich als Nassfutter-Varianten zu verfüttern[9][23].
Die Hersteller geben in der Regel eine begrenzte Zeitspanne an, in der die Fütterung solcher Diätfuttermittel erfolgen sollte: beispielsweise bis zu 12 Wochen über die Gesundung der Katze hinaus[10][11][12][22]. Ebenso wird davor gewarnt, solche Futtermittel bei trächtigen, säugenden, nierenkranken, herzkranken Tieren oder Katzen mit Bluthochdruck einzusetzen[10][11][12][22]. Auch eine gleichzeitige Gabe von harnansäuernden Medikamenten ist laut Hersteller nicht angebracht[10][11][12][22]. Eine parallele und regelmäßige Kontrolle des PH-Werts ist vonnöten[22], auch, wenn sie von vielen Tierärzten nicht angesprochen wird (siehe „Ping-Pong-Effekt zwischen Struvit und Oxalat bei unkontrollierter Behandlung“).
Diätfuttermittel sind oft die bequemste, aber nicht unbedingt die optimalste Behandlung für Harnstein-Patienten. Oft reicht es schon, die Fütterung von Trockenfutter auf getreidefreies Nassfutter mit zugemischtem Wasser umzustellen. In manchen Fällen kann zusätzlich eine kurzzeitige begleitende medikamentöse Therapie angezeigt sein. Mehr dazu in den nächsten Abschnitten. Zwar ist eine langfristige Gabe von Diätfuttermitteln (oft) nicht nötig und nicht angeraten, doch scheinen keine Spätfolgen durch eine Verfütterung über einen Zeitraum von 2 Jahren nachgewiesen werden zu können[19]. Manche Hersteller raten offiziell von einer Verfütterung über einen Zeitraum länger als 6 Monate ab, sofern keine strikte monatliche Kontrolle wichtiger Blutparameter erfolgt[22].
Generell ist bei der Verabreichung von Diätfuttermitteln alle 2-4 Wochen eine Kontrolluntersuchung (Röntgen, Urinuntersuchung) angezeigt[23].
Wie wirken Diätfuttermittel überhaupt?
Diätfuttermittel sind Futtermittel, die bestimmte Mittel bzw. Medikamente enthalten, welche den Harn-PH-Wert der Katze verändern sollen. Dazu wird vor allem „DL-Methionin“ eingesetzt[10][11][12][13][14][15]. Diese Stoffe können jedoch auch als normale Medikamente zu handelsüblichem Nassfutter gemischt werden und erzielen die gleiche Wirkung.
Gewichtsabnahme
Da übergewichtige Katzen stärker zu Harnsteinen neigen als normalgewichtige Stubentiger kann eine kontrollierte Gewichtsabnahme parallel zu weiteren Behandlungsschritten positive Ergebnisse bringen. Die Katze sollte auf hochwertige Nahrung umgestellt werden und nur langsam an Gewicht verlieren. Hunger sollte sie während der Diät nicht leiden müssen! Stellt man auf katzengerechtes Futter um, so müssen nicht einmal reduzierte Futtermengen gegeben werden. Mehr zu Gewichtsproblemen und zum Abnehmen bei Katzen findet sich im Bereich „Gewichtsprobleme“.
Vermehrte Flüssigkeitsaufnahme
Um die Nieren und die Blase gut zu spülen, Harnsteine am Festsetzen und Wachsen zu hindern ist eine vermehrte Flüssigkeitsaufnahme für die Katze mehr als wichtig[1][2][3][4][16][18]. Viele Katzen trinken jedoch von sich aus nicht viel. Hilfreich kann das Untermischen von Wasser oder Brühe zum Nassfutter, sowie das Aufstellen eines Trinkbrunnens oder einer Wasserschale zum Planschen (mit Spielzeug bspw. Tischtennis-Bällen) sein.
Harn-PH ansäuern
Zur zielgerichteten Behandlung von Harnsteinen ist es dringend nötig, den Urin-PH-Wert der Katze zu beeinflussen, denn er hat einen entscheidenden Einfluss auf die Bildung von Harnsteinen – sein Einfluss ist sogar größer als der Mineralstoffgehalt des jeweiligen Futters[16]. Damit sich Struvit-Kristalle auflösen, ist es nötig, den PH-Wert des Harns in den Normalbereich von etwa 6,5-7,2 zu bringen. Da Struvitsteine sich ab ungefähr einem Wert von über 7 bilden, muss der PH-Wert also „heruntergedrückt“ (= angesäuert) werden. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen geschehen.
Oft hilft es schon, auf (getreidefreies) Nassfutter umzusteigen oder dem Nassfutter mehr Wasser hinzuzufügen. In vielen Fällen müssen jedoch zusätzliche unterstützende Medikamente/Mittel verabreicht werden.
Medikamente und Nahrungszusätze zum Ansäuern des Harn-PH
Um den PH-Wert des Urins in den Normalbereich von 6,5 – 7,2 zu verschieben, eignen sich auch Medikamente. Mittel wie „Guardacid“ oder „Methionin“ werden hierzu besonders häufig verschrieben. Äußerst wichtig ist es hierbei, den PH-Wert des Urins regelmäßig zu messen, um unerwünschte Verschiebungen zu vermeiden. Weiterhin ist es möglich, Katzen, die die Tabletteneinnahme verweigern, mit einer speziellen Paste zum Ansäuern des Urins – „Uropet“ – zu behandeln.
Harn-PH natürlich ansäuern: Fleisch, Hagebuttenpulver, Vitamin C
Auch durch natürliche Inhaltsstoffe im Futter kann der PH-Wert des Urins beeinflusst werden. Hagebuttenpulver beispielsweise enthält viel natürliches Vitamin C und soll – im Gegensatz zur künstlich hergestellten Ascorbinsäure – den Urin ansäuern (PH-Wert wird niedriger)[1][2][17][21]. Wichtig zu wissen ist, dass Vitamin C auch im Verdacht steht, die Bildung von Oxalatsteinen zu fördern[1][21] – eine mäßige, genau kontrollierte Gabe ist hier also angeraten. Fleisch wirkt sich nicht nur durch seine enthaltenen ansäuernden Aminosäuren (Methionin und Cystein) positiv auf die Harnsteinbehandlung und -vorbeugung aus, sondern auch indirekt wegen seines hohen Proteingehalts[2][18][21].
Durch eine höhere Proteinaufnahme nimmt die Katze auch mehr Flüssigkeit auf, was wiederrum eine niedrigere Magnesium-Ausscheidung über den Harn und ein größeres Harnvolumen mit sich bringt[2][18][20].
Harn-PH verändern mit Calcium-Carbonat oder Calcium-Citrat?
Nicht selten wird dazu geraten, bei Struvitsteinen auf Calcium-Carbonat (also auch Eierschale und Algenkalk) zu verzichten und stattdessen unbedingt Calcium-Citrat zu verwenden, da Letzteres den PH-Wert des Urins ansäuern (niedriger machen) soll. Richtig ist, dass Calcium-Carbonat (also auch Eierschale und Algenkalk) den Ph-Wert erhöhen kann[2][17][18][21]. Richtig wäre ebenfalls, dass Kalzium-Chlorid den Urin-PH verringert (also ansäuert)[21].
Nicht richtig ist jedoch, dass Calcium-Citrat (Salz der Zitronensäure) den Urin ansäuert. Tatsächlich sollen Zitrate (allen voran wird Kaliumzitrat genannt) den Ph-Wert erhöhen [2][18][24][25]. So wird Kaliumzitrat häufig zur Therapie bei Oxalatsteinen eingesetzt, da es einerseits den Urin ansäuert und andererseits mit Kalzium reagiert und so eine Bildung von (Kalzium-)Oxalatsteinen verhindern soll[2][18][23][24][25]. So wären zur Therapie von Oxalat also Calcium-Carbonat, Eierschale, Algenkalk und auch Calcium-Citrat geeignet, für die Behandlung von Struvit nur Calcium-Chlorid, welches allerdings schwierig zu beschaffen, zu handhaben und zu dosieren ist.
Parallele Behandlung von bakteriell bedingten Blasenentzündungen
In sehr vielen Fällen, in denen eine Katze an Harnsteinen leidet, zeigt sich eine zusätzliche Blasenentzündung die durch Bakterien ausgelöst wird[1]. Welcher dieser beiden Faktoren ursächlich ist, konnte bisher noch nicht abschließend geklärt werden. So ist es wichtig, parallel zur Behandlung der Harnsteine durch Futterumstellung, Diät-Futtermittel und/oder Medikamente auch eine eventuell vorliegende Blasenentzündung zu behandeln. In der Regel geschieht dies durch die Gabe von Antibiotika. Beide Erkrankungen beeinflussen sich gegenseitig, weswegen beide zugleich behandelt werden sollten.
Letzter Ausweg: Penisamputation
Helfen alle Behandlungsversuche nicht weiter und die Harnröhre des Katers verstopft immer öfter, so kann eine Penisamputation vorgenommen werden. Hierbei wird die Penisspitze des Katers entfernt, um einen besseren Abfluss des Urins und der sich bildenden Steine zu ermöglichen. Diese Operation ist jedoch auch leider mit einigen Risiken verbunden: so ist nach einer Penisamputation nicht selten eine erhöhte Neigung zu bakteriell bedingten Blasenentzündungen und eine vermehrte Narbenbildung am Penis zu beobachten. In ganz schlimmen Fällen ist die Narbenbildung derart ausgeprägt, dass sich der erweiterte Harnröhren-Ausgang wieder komplett verschließt.
Regelmäßige Kontrolle des Ph-Wertes ist grundlegend wichtig bei der Behandlung von Harnsteinen bei Katzen!
Sind Katzen von Struvit oder Oxalat betroffen, so sollte neben einer Umstellung der Ernährung und einer Medikamentengabe unbedingt eine regelmäßige Kontrolle des Urin-PH-wertes erfolgen! Nur so kann gewährleistet werden, dass der Wert sich nicht unkontrolliert oder unerwünscht stark verschiebt. Um diesen Wert zu testen sind spezielle Teststäbchen erhältlich. Sie werden in den frischen Urin der Katze gehalten und lassen mithilfe einer farbigen Skala den PH-Wert ablesen. Häufig werden die Teststreifen „Uralyt-U Indikatorpapier 5.6 – 8.0“ der Firma „Madaus“ oder „Combur“-Teststreifen empfohlen. Bei Letzteren sollte jedoch beachtet werden, dass die Auswertungs-Ergebnisse der Leukozyten nicht selten unzuverlässig ist!
Wann testen und wo sollte der PH-Wert liegen?
Der Ph-Wert sollte entweder morgens vor der ersten Mahlzeit der Katze – also auf nüchternen Magen – oder 4 bis 8 Stunden nach der letzten Mahlzeit erfolgen. Eine Erhöhung des PH-Wertes 2-6 Stunden nach Futteraufnahme ist normal[2][21] und nicht besorgniserregend, in sofern aber auch nicht für eine aussagekräftige Beurteilung geeignet. Während der Behandlung von Struvitsteinen sollte der gemessene PH-Wert etwa bei 6,2 – 6,4 liegen.
Ist die Behandlung abgeschlossen und es liegen nachweislich keine Harnsteine mehr vor, so sollte sich der PH-Wert im Bereich von 6,5 – 7,0 bewegen. Es gilt zu beachten, dass sich der PH-Wert des Urins je nach Futterzusammensetzung verändern kann, so ist es nicht ungewöhnlich, dass der PH-Wert nach unterschiedlichen Mahlzeiten auch unterschiedlich ausfällt. Entsprechend sollte mit Verabreichen oder Verzicht auf ansäuernde Mittel gegengesteuert werden. Zu Beginn der Behandlung sollte der PH-Wert täglich zur etwa gleichen Uhrzeit gemessen werden. Im späteren Verlauf der Behandlung können die Intervalle auf 2 – 3 Tage bzw. einmal wöchentlich verlängert werden.
Insgesamt kann es sehr hilfreich sein, ein Behandlungstagebuch zu führen, in dem Tag, Uhrzeit, Futter und gemessener PH-Wert festgehalten werden.
„Ping-Pong-Effekt“ zwischen Struvit und Oxalat bei unkontrollierter Behandlung
Wie bereits erwähnt, ist der PH-Wert des Urins entscheidend für die Entstehung von Struvit und Oxalat. Häufig werden Diätfuttermittel oder Medikamente verschrieben, ohne auf die Wichtigkeit einer PH-Wert-Kontrolle hinzuweisen. Dies kann schwerwiegende Folgen haben: Ohne zu wissen, in welchem Bereich sich der PH-Wert befindet oder entwickelt, kann sich ein „Ping-Pong-Effekt“ bei der unkontrollierten Behandlung entwickeln.
Um Struvit aufzulösen, muss der Urin angesäuert werden (PH-Wert muss niedriger werden). Wird er zu stark angesäuert, können Oxalat-Steine entstehen[1]. Diese Steine lassen sich nicht durch spezielle Ernährung auflösen, sondern können im schlimmsten Fall nur herausgespült oder herausoperiert werden. Wird bei einer Erkrankung mit Oxalat der PH-Wert zu stark in den alkalischen Bereich gebracht (PH-Wert wird erhöht), entstehen Struvit-Kristalle.
Es ist also dringend empfohlen, den PH-Wert zu messen, bevor und während man die Katze behandelt. Im schlimmsten Fall wechseln sich die verschiedenen Formen der Harnsteine miteinander ab, wenn eine Behandlung „ins Blaue hinein“ durchgeführt wird.
Wichtige Aspekte für die Zeit nach der erfolgreichen Behandlung
Wird eine Harnstein-Erkrankung richtig behandelt, sollte nach spätestens 6 Monaten Besserung eintreten. Es sollten keine Steine im Urin mehr nachgewiesen werden können. Ab diesem Zeitpunkt sollten Diätfuttermittel langsam abgesetzt werden. Eine weiterhin regelmäßig durchgeführte Ph-Wert-Kontrolle gibt Aufschluss darüber, wie schnell diese Behandlungsmethoden ausgeschlichen werden können. Eine zielgerichtet behandelte Katze befindet sich nicht ihr Leben lang in einer mit Futtermitteln zu behandelnden Akut-Phase!
Bei vielen Katzen ist eine Medikamentengabe nach der erfolgten Behandlung nicht mehr nötig. Manche Katzen jedoch benötigen länger die ansäuernde Wirkung. Nach der Zeit der Abheilung sollten oben genannte Tipps zur Ernährungsumstellung (getreidefreies Nassfutter, viel Wasser), Gewichtsreduktion und Bewegung weiter geführt werden. Zwar besteht ein gewisses Risiko, dass einmal an Harnsteinen erkrankte Katzen in ihrem Leben einen Rückfall erleiden, jedoch ist dies bei Befolgung der Tipps minimiert. Keinesfalls sollten Medikamente oder Futtermittel vorsorglich oder gar vorbeugend verabreicht werden!
vorbeugende Maßnahmen zur Verringerung des Harnstein-Risikos
Zusammenfassend können aus den obigen Inhalten folgende Punkte helfen, um das Harnstein-Risiko zu verringern:
- kein Trockenfutter verfüttern
- die Katze durch verschiedene Wasserquellen (z.B. Trinkbrunnen, selbst gemachte Hühnerbrühe) zur Flüssigkeitsaufnahme verleiten
- möglichst getreidefreies Nassfutter verfüttern
- behutsame Gewichtsreduktion bei moppeligen Katzen
- die Katze zu viel Bewegung animieren
- keine vorsorgliche Gabe von Medikamenten oder Diätfuttermitteln zur Behandlung von Harnsteinen
- regelmäßige Reinigung der Katzentoiletten
- Vermeidung/Abstellen von Stressfaktoren